START
Jetzt sitze ich hier in meinem Hotelzimmer in
Van / Osttürkei und kann zum ersten Mal seit vier Monaten meine Gedanken zu
Papier bringen.
Die Zeit verstreicht wie im Flug und ich
stehe jetzt schon unmittelbar vor der Einreise in den Iran.
Bluey und ich habe schon über 13.000 KM zurückgelegt,
mehr als ich veranschlagt habe, doch Rumänien und auch die Türkei haben mich
dazu veranlasst, den ein oder anderen Abstecher zu fahren.
Generell habe ich keine feste Route die es gilt
einzuhalten.
Viele Reisende die ich treffe habe nicht das Luxusgut
"Zeit" über das ich verfüge.
Sie reisen wie getriebenes Schlachtvieh in 6
Wochen nach Indien, nur um sagen zu können, ich war in Indien mit dem Bike / Bus
/ Caravan / Monstertruck oder auch Pickup.
Ich habe lediglich die Aufenthaltsdauer im
jeweiligen Land fix vor Augen. Im Land selbst lasse ich mich treiben und
inspirieren, um maximale Flexibilität zu er "fahren".
Treue Dienste leistet mir hier
"Bluey"- mein Defender, und meine zweite Hälfte. Uns gibt es täglich
nur im Doppelpack. Da die Wagenfarbe blau ist kam ich auf diesen recht zweckmäßigen
Namen.
26.Juni 2012.Ich bin natürlich viel später
losgekommen als ich gedacht habe.
Das lag hauptsächlich daran, das ich den Innenausbau
von Bluey total unterschätzt habe, was das doch für eine Arbeit ist eine kleine
aber feines Zuhause für fast ein Jahr herzustellen.
Der Vorbesitzer Herr Gruber, ein österreichischer
Bergbauer hat den Wagen für die Sahara vorbereitet und sogar schusssichere
Schießscharten angebracht, doch es war von vorneherein klar, das ich diesen
Zustand nicht akzeptieren kann.
Die PKK hier in Ostanatolien hätte kein Problem
mit ihren Schnellfeuergewehren diese leichte Panzerung zu durchschlagen.
Deshalb lautete die Anweisung - alles muss raus.
Die gesamte Planung des Herrn Gruber war sehr
professionell umgesetzt, doch es stellte sich heraus, das der Wagen viel zu
schwer war.
Auf dieser langen Tour wäre er wahrscheinlich
mit gravierenden Karosserieschäden in Form eines zerstörten Daches liegengeblieben.
Ich verkaufte den enorm praktischen aber viel
zu wuchtigen Dachträger, flexte zwei der vier Zusatztanks aus der
Rumpf,entfernte den kompletten Innenausbau und baute mir meine eigene
Konstruktion ein, die bis zum heutigen Zeitpunkt eigentlich eine recht gelungene
Wahl ist.
Leicht und stabil sollte sie sein, und im Zweifelsfall
kann ich auch im Wagen schlafen, falls es Katzen hagelt, sintflutartige Gewitterstürme
im transsilvanischem Hochgebirge einsetzen, dubiose Gestalten nachts an türkischen
Badestränden einem auflauern , oder aber es sechs Windstärken auf Bergen mit
dem weit verbreiteten Namen Nemrut herrschen.
Viele meiner Freunde halfen mir bei den
Ausbau, manchmal nur tageweise, andere für länger. Ganz herzlichen Dank an
dieser Seite für Euren Einsatz!
Mein bester Freund Sascha gewährte mir dann auch
Asyl bei sich daheim, da ich zu diesem Zeitpunkt schon über keine Wohnung mehr
verfügte.
Bluey bereitete mir noch vor Abfahrt ein paar
schlaflose Nächte, da er ein definitives Überhitzungsproblem simulierte das
aber nicht existierte.
Ein anders Mal war dann der Anlasser hinüber,
oder die gesamte Bordelektrik funktionierte nicht so richtig.
Die Klimaanlage wollte ich in der Türkei
reparieren lassen, doch ich reiste lieber bei 42 Grad im Schatten mit offenen
Fenster.
Doch wie bei der Generalprobe bei einem
Konzert immer alles schief läuft, die Aufführung brilliert, und das kann ich für
die letzten Monate so sagen.
Bluey hat einen super Job gemacht, wie die Amerikaner zu sagen pflegen.
Es lies mich kein einziges Mal hängen das ich
Schwierigkeiten der verschiedensten Arten bekommen wäre.
Ich schaue täglich das es Ihm gut geht. Ab
und an bekommt er dann auch eine Beautykur in Form neuer Fluide, Fette oder
einfach nur einer Autowäsche.
Ab und an muß er dann halt auch mal Leistung
bringen. Ich vergleiche Ihn mit einem türkischen Esel, die ich hier zu Haufe
sehe. Behandele Ihn gut und er wird Dir treue Dienste leisten.
Die Tour startete offiziell in Lahr im Schwarzwald,
meiner Heimat. Meine Eltern
begutachteten mein Dachzelt und auch vom Wagen waren sie angetan, das er dieses
Abenteuer mit Ihrem Sohn zusammen schon überstehen wird.
Ein kurzer Abstecher nochmals über München
und schon lockte Österreich, das Land der Berge, der Seen und des guten
Kaffees.
In Österreich war schnell klar das ich mit
Bluey nicht mich einfach in die Natur stellen kann. Dort gibt es strickte Vorschriften,
und somit lernte ich in einem Crashkurs das leben auf Campingplätzen kennen und
lieben.
Natürlich ist es toll Strom und eine warme
Dusche zu haben, doch Rumänien lehrte mich es geht auch ohne diesen Einrichtungen.
Zumindest sollten die Temperaturen im zweistelligen
Bereich vorherrschen, sonst verliere auch ich den Spaß.
Österreich hat mich mit seiner
Gastfreundlichkeit und der entspannten Art empfangen. Ich kam somit optimal
rein in das doch ein wenig anderst gestaltete Leben eines Campingreisenden.
Alles dauert immer eine Ewigkeit. Das morgendliche
Einpacken der Dinge. Essenzubereitung. Auch einfache Dinge dauern erheblich länger
und somit bin ich immer beschäftigt.
Ich kann getrost sagen dass ich zu fast
keinem Zeitpunkt Langeweile verspürt habe.
Ich habe mal gelesen das Traveller ihre
Reise abgebrochen haben weil sie sich gelangweilt haben ohne eine konkrete
Aufgabe nachzugehen.Na selbst schuld!
Dieses Verhalten kann ich jetzt nicht so
an den Tag legen. Das morgendliche Ritual mit dem Dachzelt, die Zubereitung des
Frühstücks, das Ordnen des Wageninhalts, das hält mich schon in der früh auf
Trab.
Auch kleine Vorbereitungen die zuhause in
gewohnter Atmosphäre keine große Bemühungen benötigen, dauern bei einer Reise
mit dem Auto um einiges länger.
In Österreich konnte ich dann auf wirklich
sehr schönen Campingplätzen, meist am Wasser gelegen nächtigen, und mich an das
simple Leben gewöhnen.
Weiterfahrt
Richtung Ungarn
in Ungarn konzentrierte ich mich auf den
Plattensee und auf die wunderschöne Stadt Budapest mit ihren verlockenden
Sightseeing Möglichkeiten. Am Plattensee angekommen fand ich einen
hervorragenden Campingplatz mit allem möglichen Schnickschnack, doch fehlt es
leider am Wichtigsten- den coolen inspirierenden Reisenden. Ich fand nur
Familien mit Kindern vor oder Seniorenpaare. Ich habe nichts gegen diese
Gruppierungen von Menschen, doch für einen Soloreisenden wie mich, ist es der
absolute Garaus.
Vom See an sich war ich auch leider enttäuscht,
denn die Wasserqualität ist schon sehr speziell mit diesem morastigen Anteil.
Ich fuhr also weiter Richtung Osten und
fand auch in Budapest einen sehr gut gelegenen Campingplatz in der Stadt vor.
Lediglich fünf U-Bahn-Stationen vom Zentrum entfernt war dieser Platz äußerst
zentral gelegen. In Budapest blieb ich auch mehrere Tage und lernte
faszinierende Menschen kennen. Einer davon war Jihad über den ich ein Video
gedreht habe. Auch das spektakuläre Filmset vom neuesten Bruce-Willis-Blockbuster-Streifen
war eine Erfahrung die ich nicht missen möchte. Budapest hat für Reisenden unglaublich
viele verlockende Angebote parat. Allein schon die verschiedenen Bäder,
Thermalbäder, riesige Badelandschaften.
Ein Pardis für Wasserratten wie mich!
Wettertechnisch habe ich auf dieser Reise
bis nach Cappadocien unglaubliches Glück gehabt.
Kein einziges Mal regnete es und die
Temperaturen bewegten sich fast immer zwischen 20 und 30°.
Rumänien,
mein Lieblingsland
in Rumänien hielt ich mich glaube ich
allein sieben Wochen auf, und verfuhr Tausende von Kilometer auf mehr oder
weniger guten Straßen. Trotz des zum Teil erbärmlichen Straßenzustands blühte
ich in Rumänien sichtlich auf. Das lag zum Mal daran das hier unglaublich
attraktive Frauen umherschwirren, die eine sehr prickelnden Ausstrahlung haben.
Sie sind sich bewusst das sie sexy sind, und sie zeigen es sobald sie die Haustür
verlassen haben. In Supermärkten arbeiten an einfachen Verkaufsständen ausschließlich
Models, und ich kaufte gerne ein!
Ich bin in diesem Land kreuz und quer gereist
und habe eigentlich das Wichtigste von diesem ursprünglichen zum Teil sehr
urbanen Land gesehen. Spektakuläre Landschaften, unberührte Natur, und
herzliche Menschen das zeichnet Rumänen aus.
Kein einziges Mal musste ich in ein
Hotelzimmer ausweichen, ich konnte dreimal sogar gleich für mehrere Tage privat
unterkommen. Diese Menschen habe ich gleich in mein Herz geschlossen und ich
werde dir Erlebnisse mit ihnen nicht vergessen. Da der Tourismus noch überhaupt
nicht entwickelt ist traf ich auch in Rumänien sehr wenig Reisende.
Lediglich muss ich mich über das zum Teil
sehr lieblos hergestellte Essen etwas beschweren. Man merkt das die
Nahrungsaufnahme für den Rumänen sehr einfach gestrickt ist. Es fehlt die Liebe
zu den Gerichten, das konnte ich in den Restaurants in denen ich gespeist habe
sehen und schmecken. Trotzdem bin ich nicht verhungert, doch es reicht jetzt
mit Schnitzel u d Pommes ,die eine Konsistenz einer vergammelten Schuhwerks
haben. Empfehlen kann ich auch einen Tomatensalat der weder Dressing beinhaltet
noch sonstige Beilagen. Es wird also eine aufgeschnittene Tomate präsentiert,
und das als Tomatensalat berechnet. An den Rumänen schätze ich ihre korrekte,
loyale Art, und das sie noch nicht so vom Tourismus verdorben sind wie zum
Beispiel die Türken. Die Natur gerade im hohen Norden des Landes war
atemberaubend und auf einigen Trekkingstouren konnte ich sensationelle Fotos
schießen.
Rumänien ist ein Land das sehr viel zu
bieten hat, nur wird es von der galoppierenden Korruption zerfressen. Projekte
werden einfach nicht umgesetzt so zum Beispiel der dahin darbende Straßenbau.
Was mich an Rumänien sehr verblüfft hat ist das der einfache Bürger oftmals mit
weniger als 200 € im Monat auskommen muss. Die Lebensmittelpreise sind aber zum
Teil höher als in Deutschland und dies schafft natürlich eine extreme
gesellschaftliche Kluft. Da treffen Fahrer eines Porsche Cayenns auf der
gleichen Straße auf einen armen Bauern der sich noch mittels Pferdefuhrwerk
dahin bewegen muss. Auch die jungen Männer klagten mir zum Teil ihr Leid mit
den Frauen, dass diese sehr auf das Geld fixiert wären, und kein Interesse an
Jungs hätten ohne ein dickes finanzielles Polster von dem sie zehren könnten.
Nicht nur Berge hat Rumänien zu bieten sondern auch einen schöner Küstenstreifen
am schwarzen Meer gelegen konnte ich mir ansehen, und mich ins Nachtleben stürzen.
Bulgarien
durch Bulgarien bin ich einfach nur durchgefahren
ohne einen Halt zu machen. Das Land hat mich nicht interessiert und somit war
es einfach nur ein Transitland auf meiner langen Reise. Ich sah nicht so viele
Menschen in den Dörfern die fröhlich an der Straße sitzen. Lediglich
Polizeibeamte die mit Laserpistolen jegliche Verstöße sofort beanstandeten habe
ich zuhauf gesehen. Zum Glück haben sie mich nicht herausgezogen und ich konnte
einfach meine Fahrt von 600 km Richtung der Türkei ohne Probleme absolvieren.
Einreise in die Türkei
die Einreise in die Türkei gestaltete sich
als recht einfach. Mir fehlte lediglich ein Versicherungsschein den ich aber
direkt an der Grenze abschließen konnte. In der Türkei herrschen die höchsten
Temperaturen auf meiner bisherigen Reise. Das Thermometer zeigte zum Teil 42°
im Schatten an.
Die Landschaft wurde auch unmittelbar nach
passieren der Grenze karger, es war wirklich sonderbar wie länderübergreifend
sich die Natur ändern kann.
Mein Ziel war klar definiert und es hieß
Istanbul. Ich versuchte zum ersten Mal mittels der Plattform AirB&B eine
Unterkunft in Istanbul zu buchen.
Die erste Nacht hat das noch nicht so ganz
geklappt. Und ich musste die Nacht auf dem Parkplatz verbringen. Schon am nächsten
Tag meldete sich ein schwuler junger Türke der mir eine sehr gut gelegene
Unterkunft im zentral gelegenen Viertel von der Stadt zur Verfügung stellen
konnte. Ich war also ab dann für zwölf Tage in dem Stadtteil Beyoglu der
optimal für Besichtigungen gelegen war.
In dieser Zeit von fast zwei Wochen habe
ich Unmengen von Moscheen besichtigen können, und auch mir eine Menge anderer orientalischer
Eindrücke erhaschen können.
Istanbul ist eine Megacity, eine Stadt die
weltweit einzigartig ist. Die kontinentübergreifende Bosporusbrücke verbindet
den europäischen Teil mit dem asiatischen. Somit sprang ich täglich zwischen
Europa und dem Orient, traf Menschen aus vielen verschiedenen Kulturen und ließ
mich einfach treiben.
Das System bei einer Privatperson zu übernachten
werde ich in Zukunft öfters nutzen und ich kann das nur jedem empfehlen. Ich
hatte mein eigenes Zimmer und auch eine Designerdusche wie es nur in einem Fünfsternehotel
anzutreffen ist. Der Wagen stand die ganze Zeit mitten in Istanbul und zum Glück
wurde mir nichts aus dem Auto gestohlen.
Ich habe es dann auch geschafft wieder aus
dieser Megacity herauszunavigieren, und mich dann Richtung Landesinnere zu
bewegen. Die nächste Station war die Stadt Bursa die bekannt ist durch ihr Copy
Right geschütztes Gericht Bursa Kebab.
Ein angrenzender Gebirgszug mit einer Höhe
von über 2500 m verlockte zum Offroad Fahren.
Dort übernachtete ich unmittelbar vor
einer beeindruckenden Felswand und wanderte am nächsten Tag auf einem
Hochplateau umher, wobei ich fast von einem übereifrigen Schafsbock auf die Hörner
genommen wurde.
Leider muss ich auch über einen Erlebnis
berichten das dann auf der Weiterfahrt Richtung Ephesus sich zugetragen hat.
Bisher konnte ich eigentlich jeden Abend mein Schlafgemach in der Natur
aufbauen. Das hat schon im gesamten Rumänien sehr gut geklappt und ich übernahm
mein System auch für die Türkei.
Ich bin eines Abends von einer Schnellstraße
abgefahren, es war Nacht, und da sollte ein Reisender eigentlich schon seinen
Schlafplatz festgelegt haben.
An diesem Tag war ich lange im Auto
unterwegs und somit kam ich erst gegen 22 Uhr abends zur Ruhe. Normalerweise
schaue ich das mir niemand folgt, und als ich an einem Bahnübergang stoppen
musste bemerke ich ein Auto hinter mir das anhielt. Wenige Sekunden später
sprangen schon zwei junge Männer an meine Fahrerseite und lehnten sich mit einer
für mich sehr fordernden Haltung in mein Fenster. Ob ich nicht Lust hätte im nächsten
Dorf Alkohol mit ihnen zu trinken? Ich darf daran erinnern das ich mich noch
immer in einem muslimischen Land befinde in dem Alkohol grundsätzlich nicht erwünscht
ist. Deshalb fand ich diese forsche Vorhaben schon ziemlich dreist, und es
stimmte mich sehr skepisch.
Sie verstanden mich nicht und ich verstand
sie nicht. Sehr oft enden solche Situation aber nicht diese. In der Gewissheit ich würde ihnen folgen fuhren wir
zusammen Richtung dem kleinen Dorf das nicht weit vom Bahnübergang entfernt
lag.
Die Dorfstraße war nicht sehr lange und
die beiden Türken hielten vor der Dorfkneipe in der Hoffnung das ich doch noch
mit Ihnen Alkohol konsumieren würde. Ich hörte auf mein Bauchgefühl und gab
Gas. Das Dorf war etwas verwinkelt und somit brauchte ich eine Weile um wieder
aus dem Dorf herauszufinden.
Ich kann mich noch erinnern das es extrem
windig war und ich durch einen Olivenhain fuhr. Durch den Wind wurde viel Sand
aufgewirbelt und es war klar, das die Nacht im Dachzelt nicht sehr angenehm
werden würde. Trotzdem stellte ich mich mit dem Auto direkt neben einem
Olivenplantage, und begann mich für die Nacht vorzubereiten. Ich bemerkte das
ungefähr 400 m Entfernung ein Licht angeschaltet wurde aber ich dachte mir
nichts dabei. Als ich mein Stuhl aus dem Auto auspackte hörte ich den ersten
Schuss und dachte mir aber nichts dabei. Es kann ja sein dass gerade eine
Hochzeit gefeiert wird vielleicht ist das ein Ritual das in der Türkei weit
verbreitet ist. Ich hab auch von Leuten gehört, das sehr Wildschweine erlegt
werden, leider grotesk da Schweinefleisch in der Türkei nicht angeboten wird. Die
großen Hotels kaufen gerne für ihre Kunden die Eber die eine beträchtliche
Summe einbringen. Beim zweiten Schuss war ich mir schon nicht mehr so ganz
sicher ob ich mit meiner Anwesenheit vielleicht jemand störe.
Ich bin hier gerade erst angekommen und
schon werden zwei Schüsse abgefeuert. Weil ich doch eine etwas mulmiges Gefühl
bekam hielt ich mich dann an der Wagenrückseite auf und als der dritte Schuss
abgefeuert wurde konnte ich die Kugel in der Luft spüren. Es ist ein
einzigartiges Gefühl das mich zu sofortigem Handeln bewegte. Ich schrie noch in
die Richtung der vermeintlichen Behausung das ich jetzt zusammenpacke und gehen
werde. Natürlich verstand der Schütze nicht was ich schrie doch sicherlich
konnte er erkennen dass ich fluchtartig meine Sachen zusammenpackte und mich
vom Acker machte, auf dem ich gerade wortwörtlich stand. Ich versuchte dann
leicht panisch ins Dorf zurück zu fahren, doch es war nicht so einfach den Rückweg
zu finden, da es etwas verwinkelt und unübersichtlich war. Ich erreichte dann
aber die Dorfstraße und wurde von meinen beiden zuvor kennen gelernten Freunden
mit einem klaren Handzeichen zum Stoppen veranlaßt.
Ich war natürlich aufgebracht und
versuchte ihnen zu erklären das gerade in diesem Moment dreimal auf mich
geschossen wurde. Sie fanden das ganz lustig und begannen damit mich für Ihre
Dorfkneipe ein zweites Mal zu animieren. Sie wurden dabei immer dreister und
boten mir sogar an in der Dorfkneipe Haschisch zu rauchen. Ein absolutes Nogo
nicht nur in der Türkei. Die Diskussion ging hin und her und endete schon fast
in einer Eskalation. Natürlich kamen gleich wieder mehrere junge Männer aus
verschiedenen Richtungen umher,die mich unbedingt in ihre! Kneipe zerren
wollten. Sie hinderten mich daran mein Auto abzuschließen und wollten das ich
sofort mitkommen. Daraufhin riss ich mich los sprang ins Auto und bretterte davon.
Diese Situation konnte ich mir im Nachhinein nicht so recht erklären und ich
weiß bis zum heutigen Tag nicht was genau passiert ist und warum auf mich
geschossen wurde. Leider war das nicht die einzigste Situation die mich sehr
nachdenklich gemacht hat. In der Stadt Izmir habe ich eines Abends einen jungen
Türken angesprochen der Bergsteiger ist und gerade auf der Heimreise nach
Istanbul war. Wir verstanden uns super und verbrachten auch mehrere Tage
zusammen.
In der Gegend von dem touristisch sehr
erschlossenen Gebiet Ephesus stellten wir uns eines Nachts mitten auf ein Feld.
Nur schwer konnte man den Wagen mit dem montierten Dachzelt von der Bundesstraße
aus erkennen. Mein türkischer Begleiter Ozane schlief in einem kleinen Zelt
neben dem Fahrzeug. Ich wunderte mich morgens noch über einen vorbeifahrenden
Motorradfahrer der ungewöhnlich laut beschleunigte. Wie kann man so ignorant
gegenüber enem Schlafenden sein.
Als ich dann morgens nach meiner Videokamera
greifen wollte bemerkte ich, das diese nicht mehr da war, und auch das
Seitenfenster leicht geöffnet war. Die Diebe, ich nehme an das es waren zwei, müssen
morgens das Auto von der Straße aus gesehen haben und die 500 m Feldweg bis zum
Wagen gefahren sein.
Wie Sie das Fenster aufgehebelt bekommen
hatten ohne dass ich es im Dachzelt bemerkte habe ist mir noch immer ein Rätsel.
Sie öffneten nicht die Tür da sie fürchteten die Alarmanlage wird anspringen,
die aber zu diesem Zeitpunkt nicht aktiviert war. Ein Griff ins Wageninnere und
schon hatten sie meine heiß geliebte Videokamera und wie sich auch später rausstellte
mein Geldbeutel mit sämtlichen Papieren die ich besitze. Das war natürlich ein
Schock, und ich war sehr froh dass Ozane die Polizei gerufen hat und mir auch
bei den drei Polizeistellen die den Behördenkram erledigten, geholfen hat. Er
hat mit dieser Sache absolut nichts zu tun, das ist erwiesen.
Dieser Diebstahl löste bei mir
verschiedene Reaktionen aus. Mit dem Abhandenkommen meiner wichtigsten Papiere
war das erste Mal eine sehr verstörende Situation.
Der "worst case" ist
eingetroffen, schlimmer kann es einen Reisenden nicht treffen.
Meine heiß geliebte Videokamera war mein
ein und alles und mir war klar, das die Wiederbeschaffung einige Zeit in
Anspruch nehmen würde. Auch das Vertrauen in die Türken an sich und das Übernachten
in die Natur hat mich sehr verändert.
Ich war zu diesem Zeitpunkt nicht nur ohne
Video, sondern auch ohne amtliches Ausweisdokument. Meine Kreditkarte und meine
Bankkarte befanden sich auch in diesem Geldbeutel und noch weitere wichtige
Unterlagen. Zum Glück hatte ich noch deutsches Geld sonst wäre ich natürlich völlig
auf geschmissen gewesen.
Ich musste am nächsten Tag nach Izmir
fahren und einen neuen Pass beantragen und es war auch ein ziemlich großer Akt
eine neue Kreditkarte zu bestellen. Den Pass bekam ich erst ein paar Tage später
und ich befand mich zu diesem Zeitpunkt 300 km von Izmir entfernt. Ich
beschloss dieser Reise nicht mit meinem Fahrzeug zu absolvieren sondern ich
nahm an diesem Tag sechs verschiedene Busse und ein Taxi um das Ausweisdokument,
das sehr wichtig war, bei der botschaft abzuholen.
Um mal wieder etwas positives zu erwähnen kann ich von einem wunderschönen
Erlebnis berichten. Ich absolvierte eine viertägige Kreuzfahrt auf einem Segelschiff
mit einer Horde von verrückter junger Menschen hauptsächlich aus Amerika,
Australien und Neuseeland. Sonne satt, kristallklares Wasser und wir hatten
unseren Spaß auf diesem Boot. Ich probierte zum ersten Harpuning aus und jagte
den Fischen mittels Flossenantrieb unter Wasser hinterher. Natürlich bedarf es
einiger Stunden Übung bis mal ein Fisch auch wirklich aufgespießt wird, doch
ich fand das gut dass ich keinen erlegen konnte, denn immerhin ist es ein Lebewesen
das ich nicht unbedingt töten wollte.
Spektakuläre Fahrten über Gebirgspässe
fallen mir wieder ein. Die wunderschöne Altstadt von Antalya mit ihren Geschäften
und Ladensbesitzern. Ein paar Tage in einer klassischen Backpackerunterkunft
abzuhängen ist immer ein bereicherndes Erlebnis. Das dritte Highlight nach
Istanbul und der Bootsfahrt war der Aufenthalt in Cappadocien. Ich verbrachte
in dieser spektakulären Landschaft gleich mal 13 Tage da ich auf meine Kamera
die mittlerweile in Deutschland bestellt habe warten musste. Ich war auf einem
sehr bekannten Campingplatz untergebracht der auch Durchgangsstation für viele
Weltenbummler war. Ich traf somit Reisende die eine ähnliche Route hatten, die
gerade aus Iran zurückkamen, die nun mit Motorrädern nach Indien unterwegs war.
Ich sah Pick-up Fahrzeug, riesige MAN Trucks, Horden von holländischen
Wohnmobilfanatikern, und auch italienische Fahrradreisende. Die Landschaft in
Cappadocien ist unglaublich bizarr und einzigartig. Jeden Morgen starten unweit
des Campingplatzes bis zu 120 Heißluftballons die ein wunderschönes Bild
abgeben. Ich wanderte in dieser Zeit in diesen Tälern der Felsformationen
umher, oder vergnügte mich mit Off-Roadfahrten durch anspruchsvolle Gebiete.
Auf dem Campingplatz kamen jeden Tag neue Reisenden an und es war für mich
leicht mit ihnen meine Erfahrungen auszutauschen. Es gab fantastische Duschen,
Strom und Internet. Was will ein Reisender mehr und das ganze unter zehn Euro
die Nacht. Das Wetter wurde ein bisschen schlechter und es war klar das der
Herbst Einzug hält.
In dieser langen Zeit konnte ich meine
bisher aufgenommenen Fotos bearbeiten und auch die Visabeantragung, die zum
Teil sehr zähe verlief, etwas beschleunigen. Mich verwundete dass das iranische
Visum am unkompliziertesten ausgestellt wurde. Die indischen Behörden machten
wir das Leben schwer und ich musste insgesamt drei Neuanträge zusenden und auch
diese wurden abgelehnt. Das ganze lief noch über eine professionelle
Visumsagentur in Berlin und selbst die hatten solch einen Fall noch nie gehabt.
Nur mittels dem Nachweis fiktiver Flugbuchung gelang es der Visaagentur das
indische Konsulat zu überlisten. Das pakistanische Visa dauerte auch sehr lange
und es kann auch nur im Heimatland beantragt werden. Gerade deshalb war es
richtig diese drei über eine Agentur abwickeln zu lassen. Mittlerweile bin ich
froh das ich jetzt mit Bluey auf dem Landweg einreisen kann. Für den Iran habe
ich erstaunlicherweise sogar eine Aufenthaltsdauer von 60 Tagen bekommen, sehr
unüblich. Normalerweise werden Reisende mit 30 Tagen abgespeist. Diese Zeit
brauche ich auch um Land und Leute kennen zu lernen und ich freue mich drauf.
Von Cappadocien aus musste ich eine sichere Reisestrecke Richtung Osten finden.
Das auswärtige Amt warnte hier grundsätzlich vor Überlandfahrten in dieser Region.
Durch die Befragung von Einheimischen konnte ich dann eine Strecke finden die für
mich akzeptabel war. Auch Reisende auf dem Campingplatz gaben mir wertvolle
Informationen und somit fühlte ich mich etwas sicherer. Nemrut und Nemrut sind
zwei Berge die in der Türkei überregional bekannt sind. Beim ersten handelt es
sich um UENESCO Weltkulturerbe.
Das spektakuläre an dieser Einrichtung in über
2000 Meter Höhe ist, dass die Köpfe der Skulpturen durch ein Erdbeben
heruntergefallen sind und jetzt praktisch zu ihren Füßen liegen. Zum Zeitpunkt
der Besichtigung herrschte schlechtes Wetter und ich war der Einzigste der auf
dieser Anlage herumturnte. Im Anschluss traf ich noch zwei Deutsche, ein Vater der
mit seiner Tochter zusammen reist, mit denen ich einen halben Tag verbringen
konnte. Es ist schön jemand auf einer Reise dabei zu haben, nicht immer, doch
ab und zu hätte ich gerne jemanden an meiner Seite. Mir war von vornherein klar,
das diese Reise auch sehr viele Entbehrungen mit sich bringen wird, und gerade
zur Zeit in Ostanatolien fällt es mir sehr schwer. Die Fahrt hier in die Stadt
Van war nicht ganz einfach denn in diesem Gebiet gibt es immer wieder Überfälle
der PKK. Die Militärpräsenz hält sich in Grenzen, Straßenkontrollen gab es nur
wenige doch man spürt die türkische Polizei jederzeit mit einem Anschlag
rechnet. Zum Teil verschanzen sie sich in ihren Kasernen die zum Teil uneinnehmbaren
Festungen gleichen. Ich lasse mir
gerade meine beiden Reisepässe mit sämtlichen Visas per Kurier von Deutschland
aus schicken doch leider habe ich Pech denn in dieser Woche wird das islamische
Opferfest abgehalten und dies bedeutet mitten in der Woche drei Feiertage und
am Wochenende kann der Kurier das Paket natürlich auch nicht ausliefern.
In den letzten vier Monaten habe ich so
viele Fotos und Videos produziert das ich jetzt hier in der Stadt endlich mal
Zeit habe diese zu ordnen und zu bearbeiten. In einem einfachen Hotelzimmer
habe ich mir es gemütlich gemacht und bin von morgens bis abends kreativ. Falls
alles klappt werde ich schnellstmöglich in den Iran einreisen können. Ich hoffe
das ich den richtigen Grenzübergang ausfindig machen kann, denn ich bin nicht
sicher, ob dieser auch für Pkws geöffnet ist. An der Grenze wäre es wünschenswert
nicht zu sehr Bakschisch abdrücken zu müssen und dass mir die iranischen
Zollbeamten nicht eine Dieselkarte aufdrücken, die zum Teil bis zu 700 € kosten
kann.
Hallo Matthias,
AntwortenLöschenwir haben uns in Kappadokien auf dem Kaja Camping getroffen. Habe deinen tollen Bericht gelesen und bin etwas neidisch, weil Iran ist auch noch ein Traum von mir. werde also weiter mit dir "reisen" und bin schon gespannt wie's weitergeht.
Meine Tour ging dann noch die Südküste entlang mit manch netter Begegnung.Leider hatte zum Schluß der Land Rover noch ein Problem mit irgend einem der vielen Sensoren des Steuergeräts,das immer wieder ins Notprogramm schaltete = 80 km/h in der Ebene, 50 am Berg.
Anhalten, neu starten dann ging es wieder eine Weile. So bin ich, mit ungutem Gefühl im Nacken am 14.10. heim gekommen. Ursache war ein defekter Schlauch am Turbolader
Ich wünsche dir weiterhin eine gute und erlebnisreiche Reise
Johannes